Wenn die Frankfurter Allgemeine Woche und die Wirtschaftswoche innerhalb von sieben Tagen über das gleiche Thema berichten, dann muss es heiß wie Frittenfett sein. Pünktlich zum Weihnachtsfest, das ja zu einem nicht unbedeutenden Teil vom Essen in unterschiedlichen Formen und Aggregatszuständen dominiert wird, geht es um den Thermomix der Firma Vorwerk. Es ist ja nicht so, dass die Allzweck-Küchenmaschine nicht schon seit vielen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, bereits in aller Munde ist. Wenige Küchenhelfer haben in ihrer Geschichte die Art und die Herangehensweise ans Kochen derart stark verändert. Der Thermomix ist eine Glaubensfrage. Für die einen beinahe religiös verehrt, bereitet er nahezu ohne kulinarische Vorkenntnisse zahlreiche Gerichte effizient und zuverlässig so zu, dass die Gefahr des eigenen Scheiterns minimiert wird. Für die anderen handelt es sich bei der Nutzung des Thermomix im Grunde gar nicht um Kochen, sondern um das emotionslose Zusammenrühren und Erhitzen unterschiedlicher Zutaten. Wie man die Sache auch betrachtet: Man muss Vorwerk Respekt zollen, denn das Unternehmen ist ein hervorragendes Beispiel für erfolgreiche Selbst-Disruption und Digitalisierung.
Die Digitalisierung der Küchenzeile
Vorwerk hat in mehreren Innovationszyklen aus einer Küchenmaschine, die automatisiert Speisen zubereiten konnte, einen digital vernetzten Küchenhelfer mit angeschlossener Plattform gemacht, der die moderne Küche revolutioniert. Dabei denken die Wenigsten vermutlich beim Kochen an Einsen und Nullen. Deshalb ist vor allem die Küche ein gutes Beispiel dafür, dass die Digitalisierung keinen Bereich außen vor lässt. So wartet die aktuelle Version des Thermomix, von seinen Gläubigen Thermi genannt, bereits mit digitalen Rezepten samt App auf. Der Medienbruch zwischen Kochbüchern bzw. von Oma vererbten Rezepten auf handgeschriebenen vergilbten Zetteln ist also bereits Vergangenheit. Hinzu kommt noch eine riesige Community auf diversen Blogs und vor allem auf Youtube, die den anderen Nutzern kompetent mit Rat und Tat zur Seite stehen. Für das Unternehmen geht es in Zukunft darum, das Konzept des Austauschs noch stärker in den Vordergrund zu stellen. Austausch, Vernetzung und Partnerschaft sind auch in diesem Kontext die Attribute, die erfolgreiche Innovationen ermöglichen. So ist es nur logisch, dass Vorwerk eine Kooperation mit dem Zutaten-Lieferdienst Hello Fresh eingegangen ist, um das Konzept des vernetzten Kochens noch zu stärken. Die Thermomix Kochbox ist als erstes Pilotprojekt bereits nutzbar. Neben den Zutaten enthalten die Boxen Rezepte, die für das angeleitete Zubereiten via Display angepasst wurden. Wer den Thermomix der neuesten Generation kauft, kann außerdem über einen mitgelieferten Chip, den sogenannten Cook-Key, per WLAN auf das Thermomix-Rezept-Portal Cookidoo mit seinen aktuell 2.900 Rezepten zugreifen. Mit ein paar Klicks lässt sich der Essensplan für die Woche samt Einkaufsliste erstellen. Noch ein weiterer Klick, und die Liste ist auch auf dem Smartphone verfügbar.
Den nächsten Schritt gewagt – und gewonnen
Der Thermomix ist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass derjenige im digitalen Spiel gewinnt, der etwas wagt und auch ggf. eine Cash Cow am Schaufenster des Metzgers vorbei führt. Durch sein Engagement schafft Vorwerk nicht nur ein Produkt, das in einer weiteren Innovationsstufe vielleicht 10 Prozent besser ist. Das Unternehmen schafft einen neuen Denkansatz und eine Gemeinschaft von Enthusiasten, deren Hobby sich qualitativ auf ein neues Level erhebt. Damit ist der neue Ansatz 10 Mal besser. Vorwerk schafft sich ein Thermo Centric Universe, DARZ hat ein Data Centric Universe. Denn auch Vorwerks Innovationen wären ohne datenzentrierte Services nicht möglich. Im Kern geht es bei allen Funktionen um die Speicherung, Verarbeitung, Analyse und Verbreitung von Informationen, damit ein Stück Hardware wie der Thermomix alleine durch Softwareupdates neue Funktionen bekommen kann. Die Hülle bleibt die gleiche, neuen Anwendungen sind kaum noch Grenzen gesetzt. Das ist der Kern IT-basierter Innovation.